Lena Dorrzn

Frauen streiten für ihr Recht

Interview mit Sibylla Flügge

Warum streiten?

LENA DORRZN: Streiten Juristinnen besonders gerne?

Sibylla Flügge studierte 1969-1974 Rechtswissenschaften in Frankfurt am Main. Schon während ihres Studiums war sie in der Frauenbewegung aktiv und ist seit 1983 Mitherausgeberin der feministischen Rechtszeitschrift STREIT, herausgegeben vom Verein Frauen streiten für ihr Recht e.V. Sie ist außerdem seit 1995 Professorin sowie Frauenbeauftragte an der Fachhochschule Frankfurt am Main. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die Rechtsgeschichte von Frauen, Rechtsforderungen der Neuen Frauenbewegung und das Familienrecht.

SIBYLLA FLÜGGE: Juristinnen streiten, weil sie dazu sozialisiert sind, eine Meinung zu vertreten, diese zu begründen und dann auch durchzusetzen. Das ist die Aufgabe als Richterin, als Anwältin, als Justizministerin. In dem Moment, wo du mit Recht zu tun hast, musst du dich entscheiden: Was ist aus deiner Position die richtige Sichtweise, die richtige Entscheidung und die richtige Formulierung. Aus verschiedenen Erfahrungshorizonten heraus kann man dabei durchaus zu verschiedenen Ergebnissen kommen. Das lernen wir auch in der Rechtswissenschaft, wie das Recht geprägt ist durch die gesellschaftlichen Verhältnisse, also durch die Interessen, die in der Gesellschaft formuliert werden – weswegen es so wichtig ist, dass Frauen ihre Stimme bekommen und dezidiert ihre Interessen formulieren. Wenn Juristinnen argumentieren, sehen sie sehr schnell Interessengegensätze, die im Raum sind, und beziehen eine Position. Bei Wissenschaftlerinnen anderer Profession fällt Juristinnen oft auf, dass die hin und her schwanken. Einerseits und andererseits, sich nicht festlegen und auch nicht genau auseinanderhalten, um welches Interesse geht’s hier eigentlich und was will ich vertreten.

Die Zeitschrift

LENA DORRZN: Wie kam es zur Gründung der STREIT?

SIBYLLA FLÜGGE: Die STREIT wurde 1983 als autonomes feministisches Projekt gegründet und funktioniert bis heute als Gruppe auf der Basis von vertrauensvoller Zusammenarbeit und ohne Geld. Sie ist kein offenes Projekt. Das vollkommen offene Projekt, wo jede immer mitmachen kann, ist seit 1978 der jährlich im Mai stattfindende Feministische Juristinnentag. Die feministischen Juristinnen haben ab Mitte der 70er Jahre Anwältinnenbüros gegründet, die sich auf die Vertretung von Frauen spezialisierten. Dabei ging es überwiegend um Scheidungskonflikte. Bis 1977 wurde Frauen eine Trennung durch das Scheidungsrecht ungeheuer schwer gemacht. Gewalt in der Ehe und jede Form sexueller Gewalt waren vollkommen tabuisiert. Zeitgleich mit den Anwältinnenbüros entstanden Frauenhäuser und feministische Beratungsstellen als autonome Frauenprojekte. Gemeinsam wurde das Ausmaß der sexuellen, physischen und psychischen Gewalt gegen Frauen in der Familie bzw. in Beziehungen und im Beruf sichtbar gemacht und in Prozessen und in der Öffentlichkeit skandalisiert. Anwältinnen wurden jetzt nicht mehr nur in familienrechtlichen Verfahren tätig, sondern sie traten auch in Strafverfahren als Vertreterinnen der Nebenklägerinnen auf. Die Nebenklage gab Opfern von Gewalt die Möglichkeit, nicht nur passiv als Zeugin aufzutreten, die auf die oft demütigenden Fragen der Verteidigung widerstandslos zu antworten hatte, sondern mit eigenen Rechten das Verfahren mitzusteuern. Diese Möglichkeit sollte Anfang der 80er Jahre abgeschafft werden.

Die Nebenklage abzuschaffen, war für die Genossen aus den linken Anwaltsbüros völlig in Ordnung. Sie waren oft auf Strafverteidigung spezialisiert und bekämpften als Anwälte den als feindlich empfundenen Staat. Für die feministischen Anwältinnen stellte sich die Lage anders dar: Sie haben Frauen vertreten, die misshandelt wurden – von ihren Männern und nicht vom Staat. Sie wollten, dass diese Männer bestraft werden und sind deswegen Nebenklagevertreterinnen geworden. Der erste Vergewaltigungsprozess, der große Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erregte, fand 1984-1986 in Berlin statt. Es ging um den Vorwurf, zwei Krankenhausärzte hätten während des Bereitschaftsdienstes in der Nacht eine Kollegin vergewaltigt. Der Prozess wäre ohne erfahrene Nebenklagevertreterinnen nicht möglich gewesen. Trotzdem endete er für die betroffene Ärztin traumatisch.

Unsere Arbeit wurde von den linken Anwälten äußerst kritisch beäugt, weil wir in den Nebenklageverfahren gemeinsame Sache mit dem Staat machten und vom Staat Schutzrechte auch im Bereich der Familie forderten.

LENA DORRZN: Eure Arbeit ist also in der linken Szene nicht besonders gut angekommen?

SIBYLLA FLÜGGE: Sie wurde von den linken Anwälten äußerst kritisch beäugt, weil wir in den Nebenklageverfahren gemeinsame Sache mit dem Staat machten und vom Staat Schutzrechte auch im Bereich der Familie forderten. Eigentlich wollte man aus linker Sicht den Staat möglichst raushaben. Aber die Arbeitsrechtler haben auch arbeitsrechtliche Regulierungen verlangt. Und im Mietrecht hat man auch Mieterschutz verlangt. Das galt alles nicht als problematisch. Aber die Privatsphäre, die ist ja heilig! Eine der wichtigsten Parolen der Feministinnen war dagegen: Das Private ist politisch!

Die ersten feministischen Juristinnen waren also ziemlich allein. Hinzu kam, dass es für die uns interessierenden Fragen keine Fachliteratur gab, keine Kommentare, auf die wir uns beziehen konnten. Das musste alles erst erarbeitet werden: Worauf kommt es bei der Vertretung von Frauen an, welche effektiven Strategien gibt es in Gerichtsverfahren, welche neuen Argumentationen sind möglich? Das war Pionierarbeit.

Der Austausch und die bundesweiten Vernetzungstreffen, die es seit 1978 gab, waren existenziell, um die Probleme überhaupt erstmal zu benennen und Prozessstrategien zu entwickeln. Zum Beispiel zu begreifen, dass es für Frauen, die vergewaltigt wurden, ein Desaster ist, wenn die Nebenklage abgeschafft wird – wenn nur der Täter mit seinem Anwalt da steht und auf der anderen Seite ein Staatsanwalt, der von nichts was versteht, und die Frau soll da irgendwie ihre Aussage machen und das war’s. Oder zu verstehen, wie Regelungen im Sozialrecht oder im Unterhaltsrecht Frauen benachteiligen und sie vom Ehemann abhängig machen. Oder wie vor dem Arbeitsgericht diskriminierende Regelungen angegriffen werden können.

Irgendwann waren wir an einem Punkt, wo klar war, wir müssen jetzt an die Öffentlichkeit gehen und dafür kämpfen, dass Gesetze im Sinne der Frauen geändert werden, und wir müssen uns dagegen wehren, dass die Gesetze verschlechtert werden. Die Nebenklage sollte abgeschafft werden, dramatisch, das Unterhaltsrecht bei der Scheidung sollte verschlechtert werden, auch dramatisch, und dann war klar: Wir müssen uns jetzt rechtspolitisch in einer Fachöffentlichkeit äußern.

Deswegen haben wir gesagt: Jetzt machen wir eine Zeitschrift. Und zwar kein Szene-Blatt zur internen Vernetzung, sondern eine Fachzeitschrift, in der wir Forderungen stellen und auf Probleme hinweisen.

LENA DORRZN: Was sind für dich besonders spannende Momente bei der Arbeit in der Zeitschrift?

SIBYLLA FLÜGGE: Wir behandeln immer die rechtspolitischen Themen, die gerade in der Diskussion sind. Und wir publizieren die neuesten Errungenschaften vor Gericht – wenn sich zum Beispiel eine neue Art von Auslegung eines schon bestehenden Gesetzes durchsetzt, die Frauen nützt. Außerdem publizieren wir die kritischen Einschätzungen zu den jeweiligen rechtspolitischen Entwicklungen. Dadurch kann man in der STREIT sehr gut die Rechtsentwicklung nachvollziehen. Man kann mitverfolgen, wie in den verschiedenen Jahren die Probleme eingeschätzt wurden. Das ist nie eine rein juristische Diskussion, sondern immer bezogen auf die gesellschaftliche Realität, auf die sozialen Probleme, die zu lösen sind. Insofern erfährt man durch die Lektüre der STREIT, wie sich die Diskussionen in der Frauenbewegung entwickelt haben.

Kürzlich habe ich für ein Heft aus dem Archiv einen Artikel von 1990 zur Verfassungsdiskussion rausgesucht, als nach der Wende die Verfassung neu diskutiert wurde: Bekommen wir Frauenrechte in die Verfassung? Den Begriff des Schutzes von „Ehe und Familie“, können wir den ändern – erweitern? Was wir reingekriegt haben, ist, dass Frauenförderung notwendig ist, immerhin. Das nützt bis heute.

LENA DORRZN: Wie war denn damals der Kontakt mit Juristinnen aus der DDR?

SIBYLLA FLÜGGE: Wir haben gleich versucht, zu Ost-Juristinnen Kontakt zu knüpfen, aber das ist uns nicht gelungen. Die Juristinnen, die erst nach der Wende studiert haben, sind hingegen sehr aktiv in der STREIT und beim Feministischen Juristinnentag.

Bedeutende Feministische Rechtsstreits

LENA DORRZN: Zum Beispiel: „Mein Bauch gehört mir“.

SIBYLLA FLÜGGE: Das Abtreibungsverbot im § 218 war der Schlüsselreiz, aus dem heraus die Frauenbewegung entstanden ist. Dieser eine Paragraph im Strafgesetzbuch bekam eine unerhörte symbolische Bedeutung, die er bis heute hat. Es geht nicht nur darum: „Darf ich abtreiben und unter welchen Bedingungen?“, sondern dahinter steht die Frage: „Darf ich überhaupt über mein Leben selbst bestimmen?“ Bei einem Abtreibungsrecht, das Frauen Abtreibung verbietet oder nur erlaubt, wenn ein Mann zustimmt, also ein Arzt z.B. oder vielleicht sogar der Ehemann oder Erzeuger, steht für Frauen ganz klar die Frage im Raum, wie sie einen Weg finden können, ihr eigenes Leben selber in die Hand zu nehmen. Mutterschaft ist nicht etwas, das nach der Geburt abgeschlossen ist, sondern es wirkt ein Leben lang, auch wenn man das Kind weggibt. Diese Veränderung des Lebens muss eine Frau freiwillig begrüßen können, sonst ist es einfach eine Art Leibeigenschaft, wenn sie darin dem fremden Willen unterstellt wird.

Der Kampf um die Änderung des Sexualstrafrechts hängt mit dem Abtreibungsrecht zusammen. Es geht um die Fragen: Darf ich selbst bestimmen, ob ich Mutter werde – darf ich selbst bestimmen, ob ich schwanger werde – darf ich selbst bestimmen, ob ich Sex habe? Das war nicht selbstverständlich, dass eine Frau das entscheiden darf. Im Eherecht war die Selbstbestimmung überhaupt nicht vorgesehen. Es ist erst 1997 ins Gesetz gekommen, dass eine Frau, die von ihrem Ehemann zum Sex gezwungen wird, sich rechtlich dagegen wehren kann.

LENA DORRZN: Die Rechte in der Ehe sind ein durchgängiges und noch immer aktuelles Thema.

SIBYLLA FLÜGGE: Die Rechte der Frauen in der Ehe haben sich enorm geändert. 1977 wurde die Gleichberechtigung in der Ehe rechtlich eingeführt. Seit den neunziger Jahren wird sehr stark an den Vaterrechten gebastelt, oft zulasten von Mutterrechten. Da gibt es einen Interessenkonflikt. Hier sind die Frauen in der Situation, immer mehr Rechte zu verlieren.

LENA DORRZN: Sind das Männerrechtler, die sich benachteiligt fühlen von einer angeblich existierenden Gleichberechtigung?

SIBYLLA FLÜGGE: Genau, im Kampf für Änderungen des Familienrechts haben sich die Männer als erstes organisiert. Schon seit den achtziger Jahren gibt es hier Männerorganisationen, die sich antifeministisch aufstellen. Das hat es vorher so nicht gegeben.

Die Vaterrechtler sagen, ihre Rechte und die Interessen des Kindes seien identisch und die Rechte der Frauen seien konträr. Insofern geht es in der Diskussion offiziell immer um das Kindeswohl. Wenn aber ein Vater keine Lust hat, sich für das Kindeswohl einzusetzen, dann soll sich die Mutter kümmern. Es gibt keine Tendenz, Väter in die Pflicht zu nehmen. Du kannst keinen Vater auch nur eine Sekunde verpflichten, sich um das Kindeswohl zu kümmern, sich überhaupt mit dem Kind zu beschäftigen, die Mutter auch nur eine Sekunde zu entlasten von irgendwas. Aber wenn der Vater sich gerne kümmern möchte, dann wird unterstellt, das sei zum Wohle des Kindes, und dann steht die Mutter als Feindin dagegen, wenn sie zum Vater keinen Kontakt haben will. Wenn der Vater keine Lust hat, dann soll sich die Mutter kümmern, dann interessiert das keinen großen Geist, das ist sowieso Natur, dann macht sie das halt. Die Vaterrechtsbewegung hat hier auch zu einer Biologisierung der Debatte beigetragen. Da wird kaum noch mit der Qualität der Beziehung argumentiert.

Persönliche Geschichte

LENA DORRZN: Wie bist du zur Rechtswissenschaft gekommen?

SIBYLLA FLÜGGE: Meine Mutter hat schon in den dreißiger Jahren Jura studiert, in der Schweiz, und sogar promoviert. Das hat mich allerdings als Jugendliche wenig interessiert. Sie durfte als Pfarrfrau nicht berufstätig sein, aber sie hat so genannte Staatsbürgerliche Lehrgänge organisiert für Frauen, da bin ich auch häufig hingegangen. Einmal hatte sie Heinrich Hannover eingeladen, der damals die KPD im Verbotsprozess vertreten hat. Das war für mich sehr eindrücklich, ich dachte, so ein toller Anwalt will ich auch werden. Ich fand es toll, Leute gegen Unrecht zu vertreten.

Da sagten die Anwältinnen in Frankfurt: Das geht nicht. Mit Kind kannst du nicht Anwältin sein.

Zu Beginn meines Studiums hab ich mich der Frauenbewegung angeschlossen und mich auf Frauenrechte hin orientiert. Daran bin ich relativ schnell verzweifelt, weil es keine Literatur gab. Völlig neues Feld. Zur Geschichte der Frauenrechte gab es überhaupt nur das eine Buch von Marianne Weber von 1911. Also fast überhaupt nichts – geschweige denn aktuell auf dem Markt. Eigentlich wollte ich also Anwältin werden. Im gleichen Jahr, als ich mein zweites Staatsexamen machte, habe ich mein erstes Kind gekriegt. Da sagten die Anwältinnen in Frankfurt: Das geht nicht. Mit Kind kannst du nicht Anwältin sein. Also bin ich zum Arbeitsamt gegangen und hab gesagt, ich will eine Halbtagsstelle. Gab es nicht. Nach einem Jahr hab ich meine erste ABMStelle bei einem Anwalt gekriegt – das heißt, die wurde vom Staat bezahlt. Dann war ich wieder arbeitslos. Irgendwann hat mich ein Genosse motiviert, ich solle promovieren, damit ich eine FH-Professur kriegen kann. Das fand ich dann mal eine Perspektive.

Deutsche Geschichte

LENA DORRZN: Du hast 2003 in der STREIT einen Artikel geschrieben über Rechtsstreitigkeiten, die sich immer wieder an der Gegenüberstellung Männer als Täter – Frauen als Opfer vehement entzündet haben. Was hat das mit der deutschen Geschichte zu tun?

SIBYLLA FLÜGGE: Niemand wollte Täter sein. In der Studentenbewegung ging es ständig um die Täter, um die Nazis. Das waren im allgemeinen Bewusstsein Männer, die Frauen hat man da nicht so genau angeguckt. Sie waren ja tatsächlich im Nationalsozialismus komplett entrechtet, also formal hatten sie sehr wenig Einfluss auf den Staat. Aber natürlich waren sie auch Nazis. In der Wahrnehmung machten trotzdem die Männer den Staat. Die Männer waren die Täter. Und dann wurde ab Mitte der siebziger Jahre offen darüber gesprochen, dass viele Männer ihre Frauen misshandeln. Und schließlich kam Anfang der achtziger Jahre raus, dass sie außerdem noch ihre Kinder sexuell missbrauchen.

Damals erschien das Buch Väter als Täter. Das war Konflikt pur. Da wurden die Männer sehr stark zu Feindbildern. Viele Beziehungen sind dann auch schwierig geworden. Exklusive Projekte wurden gegründet, nur für Frauen, auch z.B. auf dem Feministischen Juristinnentag sind Männer bis heute ausgeschlossen. Und die Frauen haben sich gewünscht, dass die Männer auf der Stelle ganz anders werden, keine Kriege mehr führen, nicht mehr schlagen und ab sofort die Hausarbeit machen und für die Kinder sorgen. Da gab es Enttäuschungen auf beiden Seiten.

In Deutschland ging es den Feministinnen nicht nur um individuelle Väter, die auf der Basis patriarchaler Traditionen, unter denen ja letztlich auch Männer leiden, zu Tätern werden. Mit dem Slogan „Väter als Täter“ wurde immer auch die Vatergeneration, die zu Tätern wurde, assoziiert. Damit hat es, wie ich glaube, auch zu tun, dass die Frauenforschung in Deutschland dezidiert Frauenforschung war und nur von Frauen gemacht wurde. Ich war immer überrascht, wenn ich z.B. in den USA war, dass dort ein bestimmter Prozentsatz der Frauenforschung von Männern betrieben wurde, und zwar auf hohem Niveau. Das gab es in Deutschland nicht. Die Wirkungen sind nach wie vor spürbar.

LENA DORRZN: Diese Art von Opfer-Täter-Diskurs hat also vor allem mit der deutschen Geschichte zu tun?

SIBYLLA FLÜGGE: Ja, auch mit der Vernichtung der Frauenrechtsdiskurse: In Deutschland ist Frauenrecht komplett kaputt gemacht worden. Es waren nur ganz wenige Jahre in den 20er Jahren, wo sich Juristinnen und Frauenrechtlerinnen überhaupt artikulieren konnten. Dann kamen die Nazis und alle diese Diskussionen wurden zerstört.

Epilog

LENA DORRZN: Wie hat sich das Erstreiten von Frauenrechten verändert?

Die Geschlechtsunterschiede sind subtiler geworden.

SIBYLLA FLÜGGE: Die Geschlechtsunterschiede sind subtiler geworden. Als ich studiert habe, gab es Beschäftigungsverbote für Frauen, keine Gleichberechtigung im Familienrecht; also Frauenunterdrückung pur, offen und schamlos. Das wurde mit der Zeit abgeschafft. Seitdem sind wir immer weiter gekommen mit unseren Analysen und müssen in immer subtilere Schichten des Rechts vordringen – und zum Teil haarfeine Spalten finden, wo das Männerrecht doch wieder durchsickert und sich breit macht.


Lena Dorrzn geriet 2014 als Soundtechnikerin zum Feministischen Juristinnentag und war sofort angetan von den Diskussionen und Tätigkeiten in diesen Zusammenhängen. Von der Studentin im ersten Semester bis zur Professorin und Richterin kamen hier ganz verschiedene Perspektiven zusammen. Besonders stark wurde L.D. in ihrem Interesse am Geschlecht im Recht außerdem durch Texte von Juana Remus beeinflusst. L.D. lebt derzeit als Übersetzerin in Leipzig und Prag.

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