Len Haberdorn, Barbi Barbsen, Anna Kowskojewskij, Anne G. von Hofmannsthal

Feministische Naturlyrik

Und andere Lyrik.

Geehrte Anna Ankokowskij,

ich bin sehr angetan, ach, was rede ich – zutiefst beeindruckt! Ihr Werk liest sich äußerst erfrischend, belebend, aufrüttelnd. Ja – erschütternd. Ich hege keinerlei Ehrgeiz, in die Riege der großartigsten Lyrikerinnen unserer Zeit aufgenommen zu werden (Haberlen! Ankowkowskij! Hoffgabska! Erstaunlich!). Dennoch sende ich Ihnen einige zarte Zeilen als Zeichen meiner großen Verehrung Ihnen und Ihrem Werk gegenüber. Allein Ihren Blick über meine Zeilen schweifen zu wissen, macht mich überglücklich. Hier also mein allzu geringer Beitrag, doch Sie müssen verstehen, vier Jahre dauerte es, um dieses Stück Lyrik reifen zu lassen.
Der Veröffentlichung unwürdig, lege ich es dennoch in Ihre Hände und zweifle keine Sekunde an Ihrer Fähigkeit, den Gehalt meiner Zeilen einschätzend sie ihrer Bestimmung zuzuführen.

Immer Ihre Barbi


Liebste Barbi,

haben Sie allerherzlichsten Dank für ihre erquicklichen Worte. Es ist mir eine Ehre, Ihr reizendes Werk in meiner jährlichen Anthologie dichter Dichtung unterzubringen! Gerne, ja, von Herzen gern möchte ich einem jungen Ding wie Ihnen unter die Arme greifen bei seinen ersten Schritten auf dem beschwerlichen Weg der Poesie. Gar manche Hürde wird man noch zu nehmen wissen, gar manch Hindernis liegt im Weg. Da kann ich es nur mit größtem Großmut gutheißen, wenn ein Jungspund wie Sie es sind sich vertrau- ensvoll an uns Ältere wendet, die ja so einiges schon in ihrem langen Leben haben erdulden müssen. Und wenn ein junger Kopf dann auch noch von so reizender Gestalt ist wie Ihrer, in seiner ganzen jungfräulichen Unbedarftheit sich voller Elan an unsren Busen schmiegt, wie sollen da nicht Tränen innigslichst ehrlicher Rührung strömen? Zumal ja auch ihre Frau Mutter und ich uns noch aus alten Tagen kennen, und so manchen Fuchs gemeinsam schon geschossen, so mancher Wachtel das Leben verkürzt und sie hernach mit großer Heiterkeit in freundlicher Runde verspeist. Es hat Ihre Dichtung mich also aufs Tiefste berührt in ihrer jugendlichen Schlichtheit, die mit geradezu empörender Deutlichkeit die Problematik unserer Zeit benennt, ganz ohne den Firlefanz poetischer Koketterie, den sich so mancher nicht mehr gar so junger Schreiberling so gern als Attitüd’ verewigt.
Drum freu’ ich mich sehr, und verbleibe mit freundlichsten Grüßen auch an die Frau Mamá,

Eure Anna Kowskojewskaja-Müllerschmidt, Dichterin vor dem Herrn


Verehrteste Anna Kowskojewskaja-Müllerschmidt-Traeublin,

die Tränen standen in den Augen mir, als ich just Ihre Zeilen las. Die Kutscherin konnte kaum die Pferde zügeln, ehe ich emporsprang und das Brieflein an mich riss, wissend, dass Sie mir in Ihrer großen Güte baldigst Antwort senden würden. Meine Mutter spricht wahrlich oft von Ihnen und in den kühnsten Tönen, bald beschleicht mich das Gefühl, der Zusammenkünfte Grund beschränkte sich nicht aufs Jagen nur. Doch ich schweife ab und beschäme Sie, verehrteste Dichterin, einziger Beweggrund meines Briefes ist doch allein die große Dankbarkeit, die ich in meinem Herzen fühlte, als ich in Ihren mir so zugeneigten Worten versank. So wird aus meinem jugendlichen Übermut, der mich meine Zeilen an Sie schicken ließ, ein Traum geboren und erfüllt.
Ich danke Ihnen aufs Herzlichste und verbleibe, meine Mutter innigst grüßend,

Immer Ihre Barbella Schnapskaja


oh gerne schenke
ich das dir
dir das nächste mal
zum geburtstag:
gift-tiere und ihre gifte (je)
5. auflage. oder 6.
(habermehl)


erahnend eintretend
stehend sehend
wieder gehend.


(Dienstag, 12:12 Uhr)
Sehr geehrte …
Als Redakteurin der „Zeitschrift für feministische Kritik und Spaß an der Freud“ wurde ich dazu beauftragt, unsre diesjährig neu eingeführte Rubrik „Feministische Naturlyrik. Und andere Lyrik“ zu betreuen. Bitte lassen Sie mir ein, zwei Werke zukommen. Es sollten Gedichte sein, deren Ernsthaftigkeit von ihrem Wahrheitsgehalt überstiegen wird beziehungsweise die sich in der Tradition des Dada oder Gaga bewegen. Die Todesdeadline ist allerdings schon am Donnerstag. Das heißt, wenn Sie was haben, schicken –


Da! Am Wegesrand!
Der scheue Exhibitionist.
Sein Penis
Ist schön wie eine Blume.


(Dienstag, 17:34 Uhr)
natürlich hege ich hohe kunst und somit eine ernsthaftigkeit, die in ihrem wahrheitsgehalt höchst fragwürdig, aber doch von ihm nicht ganz unberührt bleibt. ich habe da etwas ur-spaßiges. bis freitagabend.


(Samstag, 23:56 Uhr:)
Ich kann Ihnen NUR das schicken, was Sie im Anhang finden. Allerdings möchte ich KEINESFALLS, dass es veröffentlicht wird.


ach so, was war die randnotiz?
BGNr.: 737^^49921ß3/37e8
(BG = BE DARF S GEMEIN ^^ SCHAFT)


Konzept & Gestaltung:

Eine Dichterin, möglicherweise besoffen.

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