Anna Kow & Melina Weissenborn

„Ich wollte Filme machen, und ich wollte mir die Bedingungen dafür schaffen.“

Gespräch mit Helke Sander

E-Mail vom 14.06.2018, 18:33 Uhr:

Liebe Helke Sander,

Wir arbeiten in der outside-Redaktion derzeit an der siebten Ausgabe; sie wird zum Thema Erfahrung erscheinen. Unter anderem beschäftigen wir uns mit der grundsätzlichen Frage nach Erfahrung als Grundlage für politische Auseinandersetzungen, aber auch mit den Erfahrungen der Feministinnen unserer Generation im Verhältnis zu den Erfahrungen der Feministinnen Ihrer Generation. Sehr gerne würden wir dazu mit Ihnen ein Gespräch führen.
Auf der Metaebene verfolgen wir damit unser Interesse an der Frage nach historischer Wiederholung, bzw. der Geschichtslosigkeit feministischer Kämpfe und Auseinandersetzungen, wie Sie sie bereits für ihre Generation beschrieben haben, und die wir auch für unsere Auseinandersetzungen erlebten und erleben – die sicherlich auf die Langfristigkeit und Unabgeschlossenheit von Veränderungsprozessen weist. Von einem intergenerationellen Austausch versprechen wir uns also eine Bewegung gegen die Tendenz des Vergessens. Uns interessiert, in welchen Erfahrungen sich unsere Generationen trennen, worin sie sich berühren. Welche Logiken bzw. Problematiken sind aktuell geblieben? Welche Erkenntnisse und Forderungen gingen durch den Generationenwechsel verloren, welche wurden dazugewonnen? Auch – welche Kritik gibt es zwischen den Generationen an den jeweils geführten Auseinandersetzungen?
Gerne würden wir darüber sprechen, inwiefern sich konkrete Lebenserfahrungen – politische, berufliche/ökonomische, jene des Älterwerdens – auf politische Erkenntnisse und Forderungen auswirken. So ergaben sich bei uns etwa Verschiebungen mit dem Eintritt ins Berufsleben.
Nicht zuletzt würden wir gerne mit Ihnen als Filmemacherin über ästhetische Formfindung im Umgang mit Erfahrung sprechen und dabei auf die Erfahrung und künstlerische Bearbeitung von Mutterschaft als Künstlerin eingehen.
Falls Sie an einem Treffen mit uns interessiert sind, könnten wir nach Berlin kommen.
Wir würden uns sehr freuen – und hoffen, es geht Ihnen gut!

Anna Kow und Melina Weissenborn
outside the box

E-Mail vom 14.06.2018, 18:41 Uhr:

Ganz kurz vom Handy aus London:
Ich bin ab 23.6. zurück.
Dann gern
HS

So schnell, wie sie auf unsere E-Mail reagiert hatte, beantwortete Helke Sander dann auch unsere Fragen, bei einem Glas Weißwein an einem sommerlichen Nachmittag im Café der Akademie der Künste in Berlin.


outside the box: Wie sind Sie Feministin geworden? Erinnern Sie sich an Momente, wo Sie gespürt haben, dieses Frauenthema, das ist etwas Politisches, das hat etwas mit mir zu tun?

Helke Sander: Am Anfang habe ich nicht über Frauenthemen nachgedacht, sondern darüber, wie ich mein Leben bewältigen soll, nachdem ich meine Ehe, meine Festanstellung als Fernsehredakteurin und Finnland verlassen hatte. Ich hatte ein Kind, war geschieden, und bekam als alleinstehende Frau keine Wohnung. Auf die ersten Kommunen war ich nicht besonders erpicht, aber es war für mich die einzige Alternative. Wesentlich war, dass ich schon in Finnland Neill1 gelesen hatte, 1965 war das. Mein Sohn kam bald in die Schule und ich auch, an die neu gegründete Berliner Filmakademie2. Aber zu der Zeit gab es in Westberlin einfach zu wenig Schulen und Kindergärten, und was es gab, war unerträglich – autoritär und überfüllt. Mit Verantwortung für 40 Kinder, manchmal mehr, kann man nichts Vernünftiges machen. Die Kindergärtnerinnen waren überfordert, viele konnten sich gar nicht anders behelfen als die Kinder an die Tischbeine zu binden, wenn sie auf den Topf mussten. Darum wollte ich meinen Sohn in Summerhill unterbringen. Ich bin also 1966 nach England gefahren, um mir das anzusehen, aber nachts in London dachte ich: Was für eine Perversion – das Land zu wechseln, um das Kind anständig unterzubringen! Darum bin ich wieder weggefahren und habe den Termin gar nicht wahrgenommen, weil ich dachte, das geht so nicht. Das muss man irgendwie anders machen. Aber ich wusste noch nicht, wie.

otb: War das der Ausgangspunkt des Aktionsrats zur Befreiung der Frauen?

HS: Der entwickelte sich eigentlich aus der Springer-Kampagne. Ich wollte im SDS, in den ich Ende 1967 eingetreten war, den Vorschlag machen, diesen vielen Arbeitsgruppen, die alle bestimmte Probleme von Pressemanipulation analysierten – über vierzig waren das –, einen Arbeitskreis zum Thema Frauen hinzuzufügen. Mein Interesse für Politik war damals ganz neu. Ich fand die Hearings zu Vietnam und Springer und Dritte Welt und so weiter sehr aufregend und für mich neu und wollte öfter dran teilnehmen. In der Wohngemeinschaft war das nicht so ein großes Problem, weil meist irgendjemand zu Hause war, die oder der nach dem Kind sehen konnte. Das war aber für die meisten Frauen, die Kinder hatten, nicht möglich. Jedenfalls las ich die ganzen Analysen zur Springer-Kampagne. Vorher war mir nicht bewusst, dass Presse auch manipulieren kann. Ich hatte experimentelles Theater gemacht und war eine zeitlang reisende Regisseurin für die finnischen Arbeitertheater. Politik hatte mich bis dahin nicht interessiert. Aber nun fing ich an, diese ganzen Zeitungen zu lesen und mir fiel auf, dass relativ viele Ratschläge für Frauen drin standen – wie sie ihren Mann behandeln sollen, wenn er abends müde von der Arbeit kommt, wie man auch mit wenig Geld gut kochen und ihm Freude bereiten kann und so weiter. Jeden Tag gab es irgendwelche Ratschläge, die Frauen beherzigen sollten. Da dachte ich mir, bei 40 Arbeitskreisen könnte ja auch einer zu dem Thema Frauen dabei sein. Bei einer dieser Arbeitsgruppen habe ich das etwas schüchtern vorgetragen, und Peter Schneider hat mich in die Küche geschickt, wo seine Freundin Marianne Herzog saß. Da haben wir uns kennengelernt und noch am selben Abend ausgeheckt, dass wir ein Flugblatt schreiben nur für Frauen und das Kinderproblem ansprechen.

Hinzu kam, dass wir alle nicht wussten, dass es schon mal eine Frauenbewegung gegeben hatte, bis auf ein paar Frauen aus der DDR.

Das haben wir in den ersten Januartagen 1968 verteilt und kurz darauf unser erstes Treffen gemacht, bei dem die ersten fünf Kinderläden gegründet wurden. Gleichzeitig haben wir beschlossen – da stürmten ja so viele neue Ideen auf uns ein – dass wir uns unbedingt weiter treffen müssen. Das war der Beginn vom Aktionsrat.

otb: Es gab also einerseits den Wunsch nach besserer Kinderbetreuung, andererseits den nach einer Auseinandersetzung mit der Rolle der Frau in der Gesellschaft …

HS: Ja – und es gab ein ganz großes Bedürfnis nach Theorie. Am Anfang stand für mich das Interesse, dass ich einfach an diesen ganzen Veranstaltungen vom SDS teilnehmen wollte. Die waren hochinteressant, aber hatten nichts mit Frauen zu tun, sondern mit Vietnam, Dritte Welt, Springer und so weiter. Hinzu kam, dass wir alle nicht wussten, dass es schon mal eine Frauenbewegung gegeben hatte, bis auf ein paar Frauen aus der DDR. Die hatten in der Schule August Bebel und Clara Zetkin gelesen. Einer der Ausgangspunkte für uns im Westen war damals die Beobachtung, dass wir als Mütter dafür verantwortlich gemacht werden, die Kinder im Namen von Werten zu erziehen, die wir nicht teilen. Dass wir eigentlich nur dazu da waren uns, beziehungsweise die Kinder, an die Gesellschaft anzupassen. Wir wollten das nun selbst in die Hand nehmen und versuchten zu analysieren, warum wir zwar die Arbeit, aber keine Definitionsmacht hatten. Dadurch kamen wir immer weiter in die Frauenfrage rein. Von Marianne Herzog und mir wurde dann oft erwartet, dass wir als Wortführerinnen auftreten, weil wir die ganze Sache ins Rollen gebracht hatten. Frauenfunktionärin wollte ich aber schon gar nicht werden. Ich wollte Filme machen, und ich wollte mir die Bedingungen dafür schaffen. Aber das, was da an Fragen aufgerissen wurde, war so neu und so bedeutsam, dass es mich bis heute beschäftigt und oft genug umtreibt. Marianne Herzog und ich sind später auseinandergedriftet, weil sie zur RAF gegangen ist, wofür ich überhaupt nicht anfällig war.

otb: „Filme machen und sich die Bedingungen dafür schaffen“ – das ist ja eigentlich eine urfeministische Forderung: dass man einfach das tun können will, was man möchte. Eigene Interessen verfolgen, sich als Subjekt entfalten können. In Ihrem Buch Fantasie und Arbeit3, das Sie mit Iris Gusner zusammen geschrieben haben, sagen Sie an einer Stelle, dass Sie immer schon wussten, dass Sie Mutter sein würden, aber auch einen Beruf haben wollten. Wie sind Sie darauf gekommen? In unserer Vorstellung war es damals noch nicht üblich, dass Frauen, vor allem Mütter, berufstätig sind.

HS: Ich war immer schon relativ selbstständig, als Kind musste ich das fast sein. Ich bin ja während des Krieges groß geworden, da hat man viel erlebt. Da wurde man gewissermaßen zur Selbstständigkeit erzogen, weil die Väter nicht da waren – die einen hätten hindern können – und die Mütter sowieso alles managen mussten. Ich kannte also noch eine Zeit, in der die Mutter die wichtige Person war und alles allein geregelt hat. Als die Väter dann aus dem Krieg, aus der Gefangenschaft zurückkamen und diesen Platz wieder besetzten, wurden die Mütter wieder heruntergestuft.

otb: Das ist interessant. Dass die Frauen Ihrer Muttergeneration kurz Macht hatten und dann wieder entmachtet wurden. Haben Sie sich damit dann in der Frauenbewegung auseinandergesetzt?

HS: Viele haben das gemacht. Ich eher weniger. Wir waren überschwemmt von den vielfältigsten Themen. Ich weiß von meiner Mutter, dass sie eigentlich arbeiten wollte. Das war Anfang der dreißiger Jahre, in der eine große Arbeitslosigkeit herrschte. Ihr Vater sagte, sie solle den Männern nicht die Arbeit wegnehmen. Eine kurze Zeit lang war sie Sprechstundenhilfe, dann hat sie mit 19 geheiratet und dann war es aus, das durfte sie dann nicht mehr. Und das wollte ich auf gar keinen Fall wiederholen. Das stand fest. Später hatte ich andere Vorbilder. Ich wollte, wie gesagt, ein Kind, und ich wollte es auch von dem Mann, von dem ich es schließlich bekommen habe, meinem finnischen Brieffreund. Ich hatte aber eine Ahnung, dass es vielleicht nicht gutgehen würde. Ging es auch nicht (lacht). Meine Schwiegermutter war damals jedenfalls noch sehr jung, ich glaube 37, sie hatte meinen Mann schon mit 17 bekommen. Sie war Schriftstellerin und Lehrerin und hat die Familie mit ernährt. Auch ihre Freundinnen waren alle berufstätig und intellektuell interessant. Das kannte ich aus Deutschland nicht.

otb: Wenn man sich Ihre Filme ansieht, bekommt man den Eindruck, dass das Thema Mutterschaft, und auch, was das für das Frausein oder für eine Politik als Frau bedeutet, eine sehr große Rolle gespielt hat in Ihrer Auseinandersetzung –

HS: Ja, das war für mich eigentlich immer das Kernthema der Frauenbewegung und der Gesellschaftskritik.

otb: – aber immer auch als eine Politik für die Frauen und die Kinder. Dass Sie das immer zusammen gedacht haben.

HS: Ja. Das ist das große Thema. Wir waren zum ersten Mal gerne Frauen. Es ist ja auch eine Potenz, Kinder zu bekommen. Die spätere Frauenbewegung hat sich eher auf einzelne Verbesserungen kapriziert, hier ein bisschen, da ein bisschen, aber die grundsätzlichen Fragen sind unbeantwortet geblieben.
Wir waren unglaublich theoriehungrig damals. Wir waren ja alle in irgendeiner Form mit linken Männern verbandelt, die machten ihre Marx-Arbeitskreise. Und wir waren mitten in Westberlin, umgeben von der DDR. So einen Sozialismus wollten wir schon mal nicht. Das war aber innerhalb der Linken kein Thema, das richtig aufs Tapet kam. Und diese Arbeitskreise, die blieben für die Frauen, die daran teilgenommen haben, sehr unbefriedigend – ich habe an diesen Marx-Arbeitskreisen ja gar nicht teilgenommen, ich habe das mal selber versucht zu lesen und irgendwann wieder weggelegt (lacht), aber – wir haben immer darüber diskutiert, und fanden dann, dass es unbefriedigend war, theoretisch unbefriedigend.

otb: Warum?

HS: Weil Frauen praktisch nicht vorkamen. Engels hat in seinem Buch zum Ursprung der Familie ja selber bemerkt, dass die Frauen aus der Geschichte praktisch rausgefallen sind, geht aber nicht darauf ein, warum es eigentlich dazu gekommen ist. Damit habe ich mich dann weitere 50 Jahre befasst. Ich habe bezweifelt, dass es eine sogenannte natürliche Arbeitsteilung je gegeben hat und kann jetzt sagen, dass ich damit richtig lag. In meiner jahrzehntelangen Recherche habe ich herausgefunden, wann in der Entwicklung zum Menschen ein Tausch zwischen den Geschlechtern angefangen haben kann und warum. Das ist alles nachzulesen in meinem letzten Buch, Die Entstehung der Geschlechterhierarchie: Als unbeabsichtigte Nebenwirkung sozialer Folgen der Gebärfähigkeit und des Fellverlusts.4
Wir waren in der ersten Zeit, von 1968 bis 1970, unglaublich darauf fixiert, mehr über diese theoretischen Grundlagen zu erfahren, um dann darüber nachdenken zu können, wie sich das entwickeln könnte, oder welche Forderungen daraus abzuleiten wären. Anfangs kamen sehr viele intellektuelle Frauen, die Kinder hatten, aber das hat sich thematisch und personell dann sehr schnell erweitert um all die anderen Probleme, die auch mit Geschlecht zu tun hatten – Beziehungen, Sexualität, und so weiter. Die Themenfelder wurden größer und undurchsichtiger. Weil man gar nicht alles besprechen konnte. Gleichzeitig gab es die Überlegung, ob man eine Partei gründen sollte. Feminismus war zum Teil noch ein Schimpfwort, Patriarchat auch, und wir waren ja auch alle nicht besonders gebildet auf dem Gebiet. Das hat sich erst entwickelt.

otb: Sie haben eben gesagt, dass die grundsätzlichen Fragen unbeantwortet geblieben seien. Was waren aus Ihrer Sicht die grundsätzlichen Fragen?

HS: Es ging immer darum, ob eine Gesellschaft vorstellbar ist, die ohne Ausbeutung und Unterdrückung funktioniert, und zwar weltweit. Aber in den meisten politischen Überlegungen dazu wurden die Frauen immer als Nebenwiderspruch behandelt. Wir wollten aber kein Nebenwiderspruch sein. Und die Sozialismen, die wir kannten oder beobachteten – wie gesagt, wir waren ja mitten in der DDR –, die wollten wir auch nicht. Diese Frage hat uns in den ersten Monaten unglaublich beschäftigt. Wie es denn nun sein sollte. Aber wie gesagt, man darf nicht unterschätzen, dass so unglaublich viele unterschiedliche Interessen gleichzeitig aufkamen und ihren Anteil einforderten an den gemeinsamen Gesprächen und Gedanken.

otb: Gab es einen Punkt an dem man festgestellt hat, diese unterschiedlichen Interessen, die Sie eben benannt haben, haben alle einen gemeinsamen Nenner, nämlich Patriarchat? Gab es diesen Moment, in dem sich das wieder mehr zusammengefügt hat?

HS: Ja, es hat einen Versuch gegeben durch die Frigga Haug. Das war gewissermaßen eine feindliche Übernahme (lacht). Der Aktionsrat platze aus allen Nähten und es gab keine richtigen Strukturen. An einem Tag wurde das diskutiert, am anderen jenes, dann beschwerten sich wieder welche: Jetzt wollen wir aber über Sexualität reden, oder über die Verhältnisse an der Uni – alle hatten eigene Bedürfnisse. Und dann kam Frigga mit ihrem Schulungskonzept. Nun sollten alle Clara Zetkin lesen. Wir hatten Clara Zetkin natürlich auch schon gelesen, inzwischen wussten wir, dass es schon früher Frauenbewegungen gegeben hatte. Es gab plötzlich einen großen Run auf diese ganze Literatur, die verschüttet gewesen war. Das war immer ein großes Erlebnis, wenn wieder jemand entdeckt wurde, Lily Braun5 oder Olympe de Gouges6, oder die Bewegung von 1848. Das waren unglaubliche Erkenntnisschübe. Die konnten einen dann schon einen Abend lang beschäftigen und länger, aber am nächsten Tag gab’s schon wieder was Neues. Man kann sich dieses Durcheinander wahrscheinlich ganz gut vorstellen. Frigga gründete den Sozialistischen Frauenbund, da sind viele von uns weggegangen, aber auch Neue dazugekommen. Also alle, die eher feministisch orientiert waren, haben sich in verschiedene Gruppen aufgelöst. Und kamen dann erst mit der Abtreibungskampagne wieder zusammen. Inzwischen gab es ja in allen Universitätsstädten Frauengruppen, die die gleichen Probleme hatten, die wir auch schon vorexerziert hatten, mit diesen vielen, vielen Fragen und wenigen Antworten. Und darum war die Abtreibungskampagne auch deswegen großartig, weil sich alle Gruppen auf ein einheitliches Thema stürzen konnten und dadurch ein Bewusstsein von der Kraft der Bewegung entstand. Die Kampagne stützte sich am Anfang auf die alten, eher aka demischintellektuellen Gruppen, in denen die Frauen auch oft schon Mütter waren. Dann kamen wahnsinnig viele Neue dazu, auch aus anderen Schichten. Die Hinzukommenden wurden immer jünger, das ist ganz wichtig. Diese Frauengruppen hatten naturgemäß ganz andere Probleme, keine Kinder, da wurde eher das Thema Sexualität durchdekliniert. Wir hatten ja meistens Verhältnisse mit Männern. Die Lesben – also dass das ein öffentliches Thema wurde, in den Frauengruppen zumindest – die kamen so Ende ‘68, Anfang ‘69 peu à peu, auch mit den jüngeren Frauen zum Teil. Wir waren also erst einmal primär auf Männer und deren Politik bezogen. Und meine Rede in Frankfurt im September 1968 sollte im Grunde genommen die SDS-Männer dazu auffordern, unserer Politik zu folgen. Gleichzeitig wussten wir, dass wir Theoriedefizite hatten. Die Männer sollten uns in Theorie schulen, damit wir dann dagegen halten können. Das war natürlich vollkommen blödsinnig.

otb: Und in den privaten Beziehungen zu Männern – gab es da Auseinandersetzungen?

HS: Na und wie! (lacht)

otb: Aus Ihrem Film Der Beginn aller Schrecken ist Liebe ist uns folgender Satz hängen geblieben: „Aus diesem ganzen Komplex entwickelt sich die in ihrer Dimension noch gar nicht erfasste Frage: Wie kann eine Frau einen Mann lieben, ohne sich aufzugeben?“ – eine Frage, die man sich auch heute noch stellen kann. Aber seitdem sind 35 Jahre vergangen …

HS: 50.

otb: Ja, seit Sie angefangen haben, feministische Politik zu machen, sind es 50. Seit dem Film alleine nur 35.

HS: Ja, das ist traurig. Man muss in großen Dimensionen denken.

otb: Die Dinge wiederholen sich; oder man könnte vielleicht sagen: Die Veränderung, die es de facto ja gibt, scheint sehr, sehr langsam vonstatten zu gehen, gerade in den Subjekten selbst, in den Beziehungen. Wie haben Sie und Ihre Freundinnen das damals in Beziehungen zu Männern erlebt?

HS: Da gab es heftigste Diskussionen, weil man sich sexuell begehren konnte und gleichzeitig politisch wahnsinnig in den Haaren lag. Und das mussten die Männer auch aushalten. Ja, da ging es heftig zu. Es gab viele Trennungen, aber auch viele neue Versuche. Gleichzeitig kam auch die Pille auf, das darf man nicht vergessen. Frauen konnten sich zum ersten Mal sexuell ausprobieren. Dass Frauen selbst sexuelle Bedürfnisse haben, musste überhaupt erst denkbar und dann auch ausgesprochen werden. Das gab es vorher nicht – ein bisschen vielleicht in der Weimarer Zeit, bei Helene Stöcker7 zum Beispiel, aber nicht in der Dimension.

otb: Um noch mal auf den Punkt der Diversifi zierung der Frauenbewegung zurück zu kommen – was war an die sem Zusammenkommen vieler verschiedener Interessen und Bedürfnisse aus Ihrer Sicht problematisch?

HS: Was die Frauen nicht geschafft haben, ist eine richtige feministische Partei aufzubauen, die nach Macht strebt und viele Mitglieder hat. Hannelore Mabry war eine, die das versucht hat. Eine sehr schwierige, streitbare Person, über die ich auch einen Film gemacht habe.8 Mabry hat auch eine Zeitschrift herausgegeben, Der Feminist, die den Standpunkt vertrat, dass der Feminismus eine politische Bewegung ist, die nicht vom Geschlecht abhängt, was ich toll fand. Das war in den siebziger Jahren aber überhaupt nicht angesagt. Jedenfalls hat es eine solche Partei, die wirklich etwas hätte verändern können, nie gegeben. Und auch wenn sich viel verändert hat, ist es immer noch so, dass alle Theorie gewissermaßen auf der Männerphilosophie beruht.

otb: Die Frage wäre, ob es wirklich eine Partei sein könnte, die diese grundsätzliche Veränderung erreicht, oder ob es da nicht um einen Umsturz der Gesellschaft im Ganzen ginge.

HS: Ja, aber man muss sehen, wie dieser Umsturz dann bewältigt wird. Da fängt’s dann wieder an, dann haben die Frauen wieder keine Zeit, weil sie sich um die Kinder kümmern. Diese ganze neue Vätergeneration, das ist ja alles schön und gut, aber rein statistisch gesehen ist das noch nicht die große Freude.

otb: Fällt noch nicht so ins Gewicht, ja … Also würden Sie sagen – steile These – dass die Tatsache, dass Frauen primär für die Kinder zuständig sind, sie daran hindert, die Gesellschaft umzustürzen?

HS: Kinder an sich sind kein Hinderungsgrund. Aber die Frage ist, genau: Wer kümmert sich um sie? Und müssen es unbedingt die eigenen Kinder sein, um die man sich kümmert? Wie vereinbart man die Tatsache, dass Kinder lokale Wesen sind, die gerne an einem Platz sind, damit, dass die Arbeitswelt immer ausufernder wird und an verschiedenen Orten stattfindet? Es wird auch nicht bedacht, dass sich die Begehrlichkeiten von Frauen geändert haben. Man kann sich gesellschaftlich nicht mehr auf die Ehe stützen, wie sie früher war, deren Grundlage ja im Übrigen die Treue der Frauen war. Einerseits gibt es viele Fortschritte, andererseits ist dieser Komplex natürlich überhaupt nicht durchdacht.

otb: Also geht es eigentlich um die Organisation des gemeinschaftlichen Lebens?

HS: Ja, das ist einfach ein ungelöstes Problem.

otb: Sie haben damals politisch radikale Positionen entwickelt und vertreten, die auch Gesellschaftsutopien beinhaltet haben.

HS: Ich bin eigentlich keine Freundin von Utopien. Ich habe mir schon vorgestellt, damals mehr als heute, dass man vieles verbessern kann, aber dieses utopische Denken, Ernst Bloch9 beispielsweise, habe ich nie geteilt. Ich hatte auch immer ein bisschen Angst vor der Durchsetzung von Revolution, weil ja alle Revolutionen blutig geendet sind. Da habe ich nie wirklich dran ge glaubt. Als ich diese ganze Literatur zur Arbeiterbewegung und über die russische Revolution und so weiter gelesen habe, hat mir der Kerenski10 eigentlich immer besser gefallen. Das war alles langweiliger, sozialdemokratischer, aber letztlich haben die mehr durchgesetzt. Und es war nicht so blutrünstig, es sind nicht so furchtbar viele umgekommen dabei. Aber diese ganzen Revolutionsführer, mit denen hab ich’s nicht so.

otb: Wobei Utopie ja nicht gleich Revolution ist.

HS: Das stimmt, ja, aber meistens wurde es so interpretiert, deswegen bin ich drauf gekommen.

otb: Unsere Frage bezog sich eher auf ein Denken in Richtung gesellschaftlicher Transformation, ein Nachdenken darüber, inwiefern und wie tief die Gesellschaft sich verändern müsste, damit sie, wie Sie vorhin beschrieben haben, ohne Ausbeutung und Unterdrückung funktioniert. Um die Frage zu Ende zu bringen – inwiefern spiegeln sich Ihre damalige Radikalität, Ihre Ideen und politischen Überzeugungen in Ihrem Filmemachen?

HS: Das ist in den Filmen eigentlich nicht so vorhanden. Als Bürgerin hat mich das interessiert, aber als Filmemacherin waren mir ganz andere Sachen wichtig. Wenn man einen Film macht, denkt man darüber nach, wo steht das Licht, wo der Ton, wie bewegen sich die Darsteller, was sagen sie. Da muss man ganz konkret sein. Wenn ich zum Beispiel an diesen kleinen Film denke, Subjektitude, aus der Anfangszeit der Filmakademie – da sollten wir einen Film machen über „Junge trifft Mädchen“, das hat mich überhaupt nicht interessiert. Darum habe ich mir diese Geschichte ausgedacht – eine kleine Anmache an einer Haltestelle –, bei der es mir vor allem um ein formales Problem ging. Ich wollte wissen, wo schneidet man, wenn drei Personen vorkommen, die alle das gleiche Recht haben, und alles mit subjektiver Kamera11 gedreht ist. Eigentlich kann man da gar nicht schneiden. Und dann hab ich eben doch geschnitten (lacht). Einfach, weil sich das Problem nicht lösen lässt. Gewissermaßen hat sich da schon ein bisschen was angedeutet, das war eher unbewusst ein Frauenthema. Aber das lag nahe. Da kann man jetzt nicht sagen, dass die Theorie schon eine Rolle spielte, aber es gab einen gewissen Zusammenhang, den man hinterher wohl sehen kann, währenddessen aber nicht._ Redupers_ zum Beispiel hätte auch von einem Mann handeln können. Der Tag hat 24 Stunden, da passt nicht alles rein, was einen als Menschen interessiert. Aber bei einer Frau ist das noch mal potenziert; vor allem wenn sie ein Kind hat, kommen noch mal ein paar Etagen dazu. Das hat mich als Thema interessiert, und das ist dann auch eingeflossen. Auch in Der Beginn aller Schrecken ist Liebe sind Themen aus der Frauenbewegung eingeflossen, die mich zu der Zeit beschäftigt haben. Beim „Schrecken“ ist es unter anderem die Frage nach einer Dreiecksbeziehung, die eigentlich mal ganz gut ge plant war und dann doch katastrophal schiefgeht. Diese unterschiedlichen Schichten, dass man sich einerseits vorstellt, was möglich sein müsste, dass Eifersucht nicht so eine Rolle spielt, oder dass man multiple Verhältnisse haben kann, und dann doch in der Realität zu sehen, woran sich das so scheuert. Und dass der Mann politisch ganz tapfer sein kann, aber im Privaten ein Feigling. Diese Widersprüche eben. Ich weiß nicht, wie weit das heute ist, ich hab den länger nicht mehr gesehen – ob der Film schon veraltet ist in einer gewissen Weise oder ob man den noch gut anschauen kann.

otb: Den kann man sich gut anschauen. Der ist leider nicht veraltet (alle lachen).

HS: Also dass das Politische ins Filmemachen reinspielt, bleibt nicht aus. Filmemacherinnen nehmen oft einen Standpunkt ein, der früher undenkbar war: Sie sehen die Konfl ikte vom Standpunkt einer Frau aus. Oder es gibt Themen, die tatsächlich hauptsächlich Frauen betreffen, wie zum Beispiel das Thema Vergewaltigung in meinem Film BeFreier und Befreite.12 Ein Mann hat sich meines Wissens nach damit noch nie befasst.

otb: Was war Ihr Ausgangspunkt für diesen Film? 1992 ist der herausgekommen, oder?

Der Film war gewissermaßen eine Beschäftigung damit, was verdrängt worden war, weil man darüber nicht sprechen durfte.

HS: Ja, aber angefangen daran zu arbeiten, habe ich schon sehr viel früher. 1972 hatte ich Besuch von einer Amerikanerin, und die sagte, das Neueste, womit sich die amerikanische Frauenbewegung jetzt befasse, sei Vergewaltigung. Da dachte ich, wenn du wüsstest, was ich 1945 noch selbst miterlebt habe. Ich wohnte damals in einem Haus, in dem viele vergewaltigt worden waren. Auch eine ganz unangenehme Frau, die zur Nazizeit eine Denunziantin und Blockwartin war. Zuerst habe ich gedacht, das geschieht der Alten recht. Dann habe ich mich aber dafür geschämt, weil ich dachte, das hat nun wirklich nichts miteinander zu tun. Und seitdem habe ich darüber nachgedacht und angefangen zu recherchieren und einen Film darüber machen wollen. Ich habe immer viele Bücher über Geschichte gelesen, auch über die Nachkriegszeit in Berlin. Es gab unendlich viel Literatur und darin immer diesen einen Satz: „Und dann gab es die Vergewaltigungen“. Mich hat interessiert, wie viele das betraf, und ob es gerechtfertigt wäre, von Massenvergewaltigung zu reden. Was ist eine Masse? Sind das Hunderte oder Tausende oder Zehntausende oder Hunderttausende? Ich habe peu à peu angefangen zu recherchieren, aber ich habe mich nicht getraut, das schon zu formulieren, weil ich dachte, jetzt in diesen Zeiten des Kalten Kriegs geht das nicht. Ich wollte nicht die Staaten gegeneinander ausspielen, nach dem Motto: Die Deutschen sind jetzt wieder quitt. Das wurde mir ja später vorge wor fen und das war nun genau das, was ich absolut nicht vorhatte. Die erste Ablehnung für eine Förderung wurde damit begründet, dass unsere Verhältnisse mit der Sowjetunion jetzt so gut seien, dass man das nicht durch einen Film über Vergewaltigung gefährden wolle. Kurz nach der Wende haben mich sämtliche Fernsehanstalten noch einmal abgelehnt, inklusive der Ostsender. In einer zweiten Runde habe ich bei Inge von Bönninghausen im WDR angefragt, die eigentlich kaum Mittel hatte. Sie hat aber dafür gesorgt, dass die Spielfi lmredaktion mit eingestiegen ist und dann konnte ich endlich loslegen. Das Wichtigste waren die lange Recherche und Fundstücke, die es heute nicht mehr gibt.
Der Film war gewissermaßen eine Beschäftigung damit, was verdrängt worden war, weil man darüber nicht sprechen durfte. Mich hat das aber dauernd beschäftigt, deswegen konnte ich durchhalten, trotz dieser ganzen Widerstände.

otb: Ja, die Frauenunterdrückung, könnte man sagen, läuft ja immer quer zu anderen Herrschaftsverhältnissen. Das war wahrscheinlich auch bei diesem Thema das Schwierige und Komplexe, dass es eben, wie Sie sagten, nicht darum gehen sollte, die Verbrechen des Nationalsozialismus zu relativieren. Sondern eher aufzuzeigen, dass es quer dazu verlaufend eben noch andere Achsen der Gewalt gab?

HS: Ja, genau. Das war der Sinn. Als erste und lange Einzige hat das übrigens Swetlana Alexijewitsch verstanden, die ich kennengelernt habe, als sie ihr erstes Buch in einem kleinen Verlag im Westen veröffentlicht hatte. Sie hat mich ermuntert, weiter zu machen und mir auch bei der Vermittlung der ehemaligen Rotarmisten geholfen. Ich wollte herausfi nden, ob es tatsächlich Massen waren, die von den Vergewaltigungen betroffen waren. In vielen Bezirksämtern, Standesämtern, Krankenhäusern und an anderen Orten wurde ich mit Geburtseintragungen, Sterbedaten, Selbstmordzahlen, Geschlechtskrankheiten konfrontiert, aus denen sich dann allmählich ein einigermaßen realistisches Szenario für Berlin und dann auch für das übrige Deutschland rekonstruieren ließ. Für den Film habe ich dann einen Radioaufruf gemacht, ob sich Frauen melden könnten, die mir von ihren Erlebnissen erzählen. Es haben unglaublich viele angerufen und ich habe mit allen geredet, ohne Tonband, nur mit Papier und Bleistift. Ich wollte wissen, in welcher Straße es damals passiert ist, in welchem Stockwerk, wer noch dabei war und wie viele Männer beteiligt waren. Es waren trockene Fragen, worauf alle eingehen konnten. Wir hatten ungefähr 300 Frauen – ich hatte in den letzten zwei Jahren meiner Arbeit daran noch Hilfe von einer Historikerin – also mit 300 Frauen haben wir gesprochen. Irgendwann mussten wir einfach Schluss machen, das war auch eine Geldfrage. Ich wollte nicht auf die psychischen Aspekte hinaus, ich wollte wissen, unter welchen Umständen das passiert ist. Und wie viele das waren. Das Material war letztlich heterogen. Wir arbeiteten mit Doktor Reichling zusammen, ein berühmter Statistiker für Vertreibungsverbrechen, der im Westen wie im Osten anerkannt war. Der hat sich unsere Materialien angeschaut und konnte dann sagen, was die Mindestzahlen sind. In Berlin waren es nachweisbar mindestens 100 000 Betroffene, wahrscheinlich sehr viel mehr. In ganz Deutschland waren es in diesem halben Jahr um Kriegsende ungefähr zwei Millionen Frauen.

otb: Das war quasi die Hochrechnung aus Ihrem Material, Ihren gesammelten Dokumentationen?

HS: Ja. Alle, die jetzt Zahlen nennen, stützen sich eigentlich auf uns. Müssen sie, weil es sonst keine vergleichbare Untersuchung gab.

otb: Wie viele Jahre haben Sie insgesamt daran gearbeitet?

HS: Naja, wie gesagt, 1972 habe ich peu à peu angefangen mich dafür zu interessieren und 1985, glaube ich, wurde es dann intensiv. Das Thema war auch vorher schon da. Wenn ich mit meinen Filmen auf Festivals war und Museen und Institutionen zu Kriegsereignissen besucht habe, fi el mir auf, dass im Zusammenhang mit Krieg nie die Rede war von Vergewaltigungen. Was es als Begriff gab, war „war atrocities“, Kriegsgräueltaten. Das Stichwort „Vergewaltigung“ ist in diesen Kontexten eigentlich erst eingeführt worden, nachdem ich danach gesucht habe. Ich wollte das einfach historisch mal geklärt haben, welches Ausmaß das hatte, konkret in Berlin 1945. Darf oder sollte man da den Begriff „Massenvergewaltigung“ benutzen? Und ja, die Hochrechnungen aus unseren Zahlen haben gezeigt, man kann es machen. Also das ist leider wahr.

otb: Sie meinten vorhin, dass Sie erst mit der Zeit herausgefunden haben, was Sie als Filmemacherin eigentlich machen wollen. Was war das?

HS: Ich wollte immer Spielfilme machen. Ich hatte viele Komödien im Kopf, die sich auch ein bisschen um das Frauenthema gedreht haben. Aber ich dachte, das ist einfach zu banal, du musst irgendwas Schwierigeres machen. Was soll der SDS sonst sagen? (alle lachen). Das bedauere ich zutiefst im Nachhinein. Da wäre es mir besser gegangen, dann wäre ich schnell reich geworden. Es gab ja noch keine Filmförderung damals. Im WDR haben sie dann mit einigen Berliner Filmemachern auch aus der DFFB13 das Konzept des sogenannten Berliner Arbeiterfi lms entwickelt. 1971 war das. Der hat mich eigentlich nicht interessiert, und die Filme waren mir zu linear gedacht. Aber das Programm war das einzige, wo ich auch eine Chance hatte, vom Fernsehen Geld zu bekommen. An Filmgelder ranzukommen, daran war gar nicht zu denken, zumindest für mich damals nicht. Also blieb nur das Fernsehen, und in dem Fall eben dieser Arbeiterfi lm, für den es Gelder gab. Also habe ich angenommen und Eine Prämie für Irene gedreht. Und der kam gar nicht gut an im WDR.

otb: Warum nicht?

HS: Die Protagonistin sei so männerfeindlich. Bei einer Diskussion 1971 an der Filmakademie, zu der ich eingeladen war, wurde mir von den Maoisten vorgeworfen, dass ich die Arbeiterklasse spalte. Da musste ich sehr lachen. Wie soll ich denn die Arbeiterklasse spalten?

otb: Also der Vorwurf war, Sie spalten die Arbeiterklasse, weil es in Ihren Filmen auch um Frauenprobleme geht?

HS: Ja. Besonders eine Szene stieß wahnsinnig übel auf. Da geht diese Frau in eine Kneipe, nachts alleine mit dem Schlüsselbund gegen eventuelle Angreifer, und will einfach einen Schnaps trinken. Damals gab’s in diesen Eckkneipen noch Molle und ’n Korn für 50 Pfennig. Und dann ist da so ein junger Mann, der ihr ungefragt was spendiert. Sie wehrt sich dagegen und sagt: Wenn ich was will, dann sag ich das. Die Protagonistin will in Ruhe gelassen werden. Und das wurde als wahnsinnig männerfeindlich interpretiert, und ich wurde ordentlich fertig gemacht dafür.

otb: Das ist interessant, denn eigentlich gab es die Spaltung ja, nämlich die Spaltung in Männer und Frauen. Und die, die darauf hinweisen, bekommen dann quasi Ärger. Eigentlich zeigt das ja nur die Unfähigkeit der damaligen Linken, sich ihrer eigenen Herrschaftsverhältnisse im Privaten bewusst zu werden und sich ihnen zu stellen, oder?

HS: Ja, bei manchen schon, aber da kann man nicht alle über einen Kamm scheren. Es gab auch genug Frauen, die sich dem noch nicht stellen wollten. Das darf man auch nicht vergessen. Aber die Männer, die mitgemacht haben, waren schon in der Minderheit. Es gab ja auch Männergruppen. Und die fingen damals alle an zu stricken (lacht).

otb: Ist doch mal ein Anfang!

HS: Ja, aber wir fanden das auch ein bisschen komisch.

otb: Der Film Eine Prämie für Irene beginnt mit einer Aufzählung: Drei Dinge sind wichtig, heißt es da über Irene, Geld, Liebe und Kinder. Geld hat die keins, Liebe hat sie keine, aber ein Kind hat sie, und eigentlich will sie alles. Und ob das wohl zu viel verlangt sei? Aber eigentlich findet sie nicht, dass das zu viel verlangt ist. Auch das wiederholt sich auf eine Art im Heute, oder ist gleich geblieben: Die Frage nach der Möglichkeit, sein Leben voll auszuschöpfen, vor allem als Frau, die vielleicht Kinder hat oder haben will.

HS: Wobei es natürlich heute einen Rechtsstatus gibt, auch wenn er faktisch noch nicht ganz erfüllt ist. Immerhin gibt es jetzt den Anspruch auf einen Kindergartenplatz. Nach 50 Jahren Bemühung darum.

otb: Das stimmt, theoretisch gibt’s den. Für viele ist die Suche nach einem Kita-Platz dennoch ein großer Stressfaktor. Der noch hinzukommt zur Problematik der Unterbrechungen, nämlich als Mutter die ungestörte Konzentration zu fi nden, die es zum Arbeiten braucht. Und auch auf einer strukturellen Ebene im Berufsleben gibt es nach wie vor viele Schwierigkeiten.

HS: Ja, besonders im Freiberuflichen, weil du keine festen Arbeitszeiten hast. Wenn du drehst, wo lässt du dann das Kind? Das geht ja nicht von 8 bis 17 Uhr. Das sind alles wahnsinnige Probleme, die nach wie vor nicht gelöst sind, das stimmt. Wobei die Pro Quote- Frauen14 in ihre Forderung aufgenommen haben, dass das mit in die Kalkulation gehört.

otb: Kinderbetreuung?

HS: Ja. Zum ersten Mal.

otb: Bleiben wir kurz beim Thema Geld. In Fantasie und Arbeit gibt es eine Stelle, wo Sie sich selbst als Wirtschaftswunder bezeichnen, weil Sie es, obwohl Sie sehr prekär gelebt haben, trotzdem immer irgendwie geschafft haben. Inwieweit hatten Ihre wirtschaftlichen Verhältnisse einen Einfluss auf Ihre Kunst? Würden Sie sagen, dass es Ihre Filme beeinflusst hat, unter welchen materiellen Umständen sie entstanden sind?

HS: Ja. Ich hätte wahrscheinlich ganz viele andere Filme gemacht, wenn ich finanziell abgesichert gewesen wäre. Die Themen, die man sich vorgenommen hatte, mussten ja auch durchgesetzt werden, was furchtbar viel Zeit gekostet hat, neben all dem anderen. Ich habe hauptsächlich vom Übersetzen gelebt, ich habe ja kein Geld von irgendwoher bekommen. Naja, anderes Kapitel. Aber das ging damals, ich war gesund und belastbar. Denn die Arbeit war schon hart. Unter 15 Stunden war da nie was. Da wundert man sich, was man früher so alles geschafft hat. Ich habe an Arbeit angenommen, was ging. Und dann habe ich versucht, etwas daraus zu machen. Ich habe nur ungefähr ein Sechstel realisiert von dem, was ich machen wollte. Damals war Filmemachen für Frauen auch deshalb schwierig, weil man es ihnen einfach noch überhaupt nicht zugetraut hat. Wir waren ja auch nur eine Handvoll. Und heute gibt es ca. 600 Filmemacherinnen. Da ist die Konkurrenz eine ganz andere. Wobei die natürlich nicht alle feministische Filme machen. Das ist klar. Machten sie auch damals nicht. Redupers z.B. wurde, bevor ich den realisieren konnte, auch mehrfach abgelehnt.

Was die Frauen nicht geschafft haben, ist eine richtige feministische Partei aufzubauen, die nach Macht strebt und viele Mitglieder hat.

otb: Was interessant ist, weil Redupers das Problem ja selbst thematisiert. Auch viele Ihrer anderen Filme sind an konkrete Lebensumstände angebunden, an Produktionsverhältnisse, Reproduktionsverhältnisse – ist das ein materialistischer Ansatz Kunst zu machen?

HS: Ich glaube schon, ja.

otb: Redupers ist zwar ein fiktionaler Film, wird aber sehr nah entlang bestehender Verhältnisse und Erfahrungen erzählt, in denen man sich stark wiederfindet.

HS: Ja, der sieht heute aus wie ein Dokumentarfilm.

otb: Wie erklären Sie sich, dass er nach wie vor so aktuell ist?

HS: Na, weil ich offenbar was getroffen habe (lacht). Wahrscheinlich, weil ich relativ genau bin. Ich recherchiere immer ziemlich viel. Ich nehme an, das hat damit zu tun.

otb: Mit einer Genauigkeit, sich die Verhältnisse anzuschauen?

HS: Hmhm (zustimmend). Ja, man sollte einfach nicht auf Kitsch reinfallen (lacht).

otb: Sie waren im Lauf der Zeit in verschiedenen Gruppen organisiert. Ist das auch heute noch so, oder stehen Sie eher für sich?

HS: Ich habe immer gerne kooperiert, aber ich habe nicht kollektiv an Filmen gearbeitet. Und ja, wir haben eine lockere Gruppe, immer noch. Freundinnen von früher und von heute. Wir treffen uns etwa sechsmal im Jahr.
Für diese Gruppe gibt es eine Art Vorbild – 1978 habe ich in München eine CSU-Frau kennengelernt, Frau Kühlmann-Stumm, damals ca. 80 Jahre alt. Sie hatte ein Buch über Bertha von Suttner und die neue Friedensbewegung geschrieben, das ich leider nicht mehr finde, auch nicht antiquarisch. Und es gibt auch keinen Eintrag über sie bei Wikipedia, was ganz unverständlich ist, da sie später sehr in die Initiative von Brandt verwickelt war, die ermöglichte, dass DDR-Rentner in die BRD reisen konnten.
Zur Nazizeit waren sie und ihr Mann Botschafter in Rom. Später, nach dem Krieg, da war sie so um die 40, hat sie nachgedacht und ist politisch geworden und in die CSU eingetreten, weil sie dachte, das sind die richtigen christlichen Vorstellungen, die Frieden garantieren. Sie hat sich aber auch für die DDR interessiert, als sie über deren Friedensinitiativen hörte, und für die Kommunisten, die in der frühen BRD noch nicht verboten waren. Deren Thesen hat sie dann bei der CSU vorgetragen (alle lachen). 1957 gab es die Diskussion über die Wiederbewaffnung, da war sie strikt dagegen und darüber ist die CSU fast zerplatzt. Ich fand die irgendwie irre, diese Frau. Sie erzählte mir, sie träfe sich regelmäßig mit Leuten ihrer Generation bei Anott, einer Malerin, die immer bunter malte, je älter sie wurde. Sie war schon 1915 Teilnehmerin beim Internationalen Frauenfriedenskongress gewesen und in der NS-Zeit als entartete Künstlerin emigriert.15 Ich habe ihre Adresse bekommen und habe sie besucht. Da kamen ca. zehn 80- bis 90-Jährige zusammen, die sich jede Woche trafen und über die aktuelle Politik diskutierten.

otb: Und jetzt haben Sie ihren eigenen Zirkel von 80- bis 90-Jährigen?

HS: Die sind alle ein bisschen jünger als ich (lacht).

otb: Das ist schön. Das wünschen wir uns auch für später.

HS: Ja, man muss das pflegen.

otb: Eine letzte Frage haben wir noch, eine schöne. Worauf sind Sie als Künstlerin und oder als politische Aktivistin besonders stolz?

HS: Ich finde es gut, dass wir damals die Kinderläden initiiert haben. Das war schon durchschlagend, ja. Und dass sich dann als Folge davon so viele Frauengruppen gegründet haben. Also dass es dadurch an die Öffentlichkeit gekommen ist und die hiesige Gesellschaft verändert hat. Und zwar in einer relativ intelligenten Form, muss ich sagen (lacht).


Das Gespräch führten Melina Weissenborn16 und Anna Kow. Wir danken Helke Sander für die Zeit, die sie uns geschenkt hat!


HELKE SANDER wurde durch ihre Rede 1968 vor dem SDS bekannt, die nicht nur dank Sigrid Rügers Tomatenwurf entscheidend zur Entstehung der Zweiten Frauenbewegung und der Kinderladenbewegung in Westdeutschland beitrug.17 Dabei war Sander auch und vor allem Filmemacherin, deren Werke kontrovers diskutiert wurden: zum Beispiel Eine Prämie für Irene (1971), Redupers – Die allseitig reduzierte Persönlichkeit (1977), Der Beginn aller Schrecken ist Liebe (1983), und BeFreier und Befreite (1991/1992). Sie ist seit Jahrzehnten feministisch aktiv, u.a. als Mitbegründerin des Aktionsrates zur Befreiung der Frau und der Gruppe Brot und Rosen, die 1972 das Frauenhandbuch Nr. 1, Abtreibung und Verhütungsmittel im Selbstverlag publizierte; als Organisatorin des ersten westdeutschen Frauenfi lmfestivals und Gründerin und Mitherausgeberin von Frauen und Film, der ersten europäischen feministischen Filmzeitschrift, und dem zu seiner Zeit breit rezipierten Doppelband Frauen in der Kunst. Sie war alleinerziehende Mutter eines Sohnes. Später lehrte sie als Professorin für Film an der HFBK Hamburg und ist zudem Autorin einiger Bücher. 2018 jährte sich ihr Geburtstag zum 81. und ihre berühmte Rede vor dem SDS zum 50. Mal.


  1. A.S. Neill gründete in der 1920er-Jahren in England die freie Schule Summerhill. 1965 erschien die deutsche Erstausgabe seines Buches Summerhill – A Radical Approach to Child Rearing zuerst unter dem Titel_ Erziehung in Summerhill – das revolutionäre Beispiel einer freien Schule_, 1969 dann unter dem Titel Theorie und Praxis der antiautoritären Erziehung – das Beispiel Summerhill. Letztere Version fand reißenden Absatz, wobei Neill selbst den Begriff „antiautoritär“ nicht verwendete und sein Buch nicht als politisch verstand. 

  2. Helke Sander studierte von 1966 bis 1969 an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (DFFB). 

  3. Iris Gusner, Helke Sander: Fantasie und Arbeit. Biografische Zwiesprache. Marburg 2009. 

  4. Helke Sander: Die Entstehung der Geschlechterhierarchie: Als unbeabsichtigte Nebenwirkung sozialer Folgen der Gebärfähigkeit und des Fellverlusts. Berlin 2017. 

  5. Lily Braun war eine deutsche Schriftstellerin, Sozialistin und Frauenrechtlerin. Sie lebte von 1865 bis 1916 und veröffentlichte unter anderem die Streitschrift Die Frauenfrage. Ihre geschichtliche Entwicklung und wirtschaftliche Seite (1901) und das autobiografische Werk Memorien einer Sozialistin (1909/1911). 

  6. Olympe de Gouges, Revolutionärin, Frauenrechtlerin und Autorin von Theaterstücken (unter anderem zum Thema Sklaverei), Romanen und politischen Schriften, wurde 1748 in Frankreich geboren. Sie veröffentlichte 1791 die Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin als Antwort auf die Erklärung der Männer- und Bürgerrechte von 1789. „Die Frau ist frei geboren und bleibt dem Manne gleich an Rechten“ heißt es zu Beginn von de Gouges’ Erklärung, und später: „Die Frau hat das Recht, das Schafott zu besteigen. Gleichermaßen muss ihr das Recht zugestanden werden, eine Rednertribüne zu besteigen.“ 1793 wird de Gouges aufgrund ihrer Kritik am herrschenden republikanischen Regime verhaftet, zum Tode verurteilt und am 3. November 1793 per Guillotine hingerichtet. (www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/olympe-de-gouges/ und https://de.wikipedia.org/wiki/Olympe_de_Gouges, 06.12.18.) 

  7. Helene Stöcker (geb. 1869 in Wuppertal) war eine deutsche Frauenrechtlerin, Sexualreformerin und Publizistin. 1903 gründete sie den Bund für Mutterschutz. „Hinter dem etwas harmlos klingenden Namen des Bundes“, so Hiltrud Schroeder auf fembio.org, „verbarg sich aber mehr als nur eine Hilfsorganisation für Mütter. Es ging Helene Stöcker um Sexualaufklärung und Fragen der herrschenden Moral, die sie in der von ihr bis 1933 herausgegebenen Zeitschrift Die neue Generation erörterte. Die Frauen sollten nach ihrer ‚Neuen Ethik‘ nicht nur Objekt der Fortpfl anzung und männlicher Lust sein, sondern ihre weibliche Sexualität in und gegebenenfalls auch außerhalb der Ehe in einem freien Liebesverhältnis leben dürfen. Helene Stöcker wandte sich darüber hinaus gegen die Bestrafung von Abtreibung und männlicher Homosexualität.“ Stöcker flieht über sechzigjährig vor dem Nationalsozialismus in die USA und stirbt, mittellos und krebskrank, 1943 in New York. (www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/helenestoecker/engruppen, 06.12.18.) 

  8. Hannelore Mabry (1930-2013) war Frauenrechtlerin, Soziologin, Autorin und trat als Schauspielerin unter dem Pseudonym Lorley Katz auf. 1971 gründete sie das Frauenforum München als Plattform zur Vernetzung von Frauen mitsamt der ab 1972 zugehörigen Zeitschrift Informationen des Frauenforum München e.V. Nach einem internen Bruch gründeten Mabry und ihre MitstreiterInnen 1976 den Förderkreis zum Aufbau der Feministischen Partei sowie die Zeitschrift Der Feminist, die inhaltlich auf eine feministische Marx-Kritik zielte und einen kinderzentrierten, pazifistischen Ansatz verfolgte. Mabry und ihre MitstreiterInnen erlangten in den achtziger Jahren einige Bekanntheit durch kirchenkritische Protestaktionen. Ende der 80er-Jahre begann sie mit dem Aufbau des Bayerischen Archivs der Frauenbewegung, das sich heute im Institut für Zeitgeschichte in München befindet. Helke Sanders Film: Hannelore Mabry. Porträt, D, 2005, s/w, 32 Min. 

  9. Ernst Bloch (1885-1977) war deutscher Philosoph in marxistischer Tradition. Als früher Gegner des deutschen Faschismus und von jüdischer Herkunft exilierte er 1933 in die Schweiz, später in die USA. Dort verfasste er Das Prinzip Hoffnung, das von vielen als sein Hauptwerk angesehen wird. In der Nachkriegszeit übernahm er den Lehrstuhl für Philosophie in Leipzig, von dem er 1957 aus politischen Gründen – er befasste sich zuletzt mit der Fortentwicklung des historischen und dialektischen Materialismus – zwangsemeritiert wurde. Anfang der sechziger Jahre verließ er die DDR Richtung Westdeutschland, wo sein Denken Teile der westdeutschen 68‘er Bewegung beeinflusste. Er befasste sich u.a. mit dem konkreten utopischen Potenzial innerhalb der Kulturgeschichte, wie auch mit dem emanzipatorischen Potenzial von utopischem Denken selbst, ohne dabei die Untersuchung ideologischer Aspekte außer Acht zu lassen. 

  10. Alexander Fjodorowitsch Kerenski (1881-1970) war russischer Anwalt und Politiker. Er war nach der Februarrevolution 1917 als Mitglied der Partei der Sozialrevolutionäre an der Provisorischen Regierung Russlands beteiligt. Nach einer kurzen Zeit als Justizminister hatte Kerenski dann den Vorsitz des Kriegs- und Marineministeriums, danach der gesamten Regierung inne. Während der Oktoberrevolution wurde er von den Bolschewiki gestürzt und fl oh ins Exil. 

  11. „Subjektive Kameraführung ist dadurch gekennzeichnet, dass sie die Sicht eines Protagonisten einnimmt. Der Kamerastandort ist der Standort einer Figur in der Szene, deren ‘Blick’ das Bild wiederzugeben scheint. Versteht man die Kamera als stellvertretendes Auge des Zuschauers, wird dadurch der Blick des Protagonisten zu seinem.“ (https:/film-lexikon.uni-kiel.de/index.php?action=lexikon&-tag=det&id=758, 06.12.18.) 

  12. BeFreier und Befreite, D, 1991/1992, s/w, Teil 1: 90 Min., Teil 2: 102 Min. Regie und Buch: Helke Sander. Recherche, wissenschaftliche Mitarbeit, Regieassistenz: Barbara Johr. Der Dokumentarfilm befasst sich mit den Vergewaltigungen von Frauen durch alliierte Soldaten in den letzten Kriegs- und ersten Nachkriegswochen 1945 in Deutschland, insbesondere in Berlin. 

  13. Deutsche Film- und Fernsehakademie Berlin. 

  14. Pro Quote Regie und Pro Quote Film sind Initiativen filmschaffender Frauen, die sich seit 2014 für Diversität und Gleichberechtigung in der Filmbranche einsetzen. Ihre Forderungen umfassen u. a. eine Quote von 50 % bei der Vergabe von Filmförderungen an Frauen, eine Erhöhung der Sichtbarkeit von Frauen* (auch über 35) in Film und Fernsehen, die paritätische Besetzung von Fördergremien und Gendermonitoring für Sende- und Filmförderanstalten. 

  15. 1915 fanden sich über tausend Teilnehmerinnen aus zwölf Nationen in Den Haag zum Internationalen Frauenfriedenskongress zusammen. Sie formulierten einen Resolutionenkatalog, in dem u.a. die Einrichtung eines internationalen Gerichtshofes und einer internationalen Organisation zur Friedenssicherung gefordert wurde sowie die weltweite Kontrolle des Waffenhandels und die Einrichtung einer neuen Weltwirtschaftsordnung. Sie sprachen sich gegen Massenvergewaltigung als Mittel der Kriegsführung aus und forderten die neutralen Staaten auf, sich vermittelnd für das Ende des Ersten Weltkriegs einzusetzen. 

  16. Melina Weissenborn wird im Sommer 2019 den Essay Helke Sanders Film „Die allseitig reduzierte Persönlichkeit – REDUPERS“ – Kunst im Zeitalter der Vereinbarkeit von Produktion und Reproduktion? im Verlag Trottoir Noir veröffentlichen. 

  17. Vgl. Barbara Schnalzger: „Wir verlangen, dass unsere Problematik hier inhaltlich diskutiert wird. Helke Sanders Rede vor dem SDS 1968“ In: outside the box #5. 

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